Die Geographische Terroir-Abgrenzung

Die begriffliche Festlegung des abgegrenzten weinbaulichen Terroirs (Zonierung, terroir zoning) hat sich in verschiedenen Definitionen niedergeschlagen, die wichtige Nuancierungen aufweisen und hauptsächlich auf die besonderen Bedingungen eines jeden Landes eingehen. Insbesondere hat sich die Terroir‑Forschung darüber geeinigt, daß Territorien in Zonen aufgeteilt werden, in denen die Wechselwirkungen zwischen Rebe und Umweltmedium möglichst homogen sind (Fregoni et al., 1998). Auf der Iberischen Halbinsel vollzieht sich die Erzeugung von Qualitätsweinen weitgehend in D.O.‑ Qualitätsweingebieten. Hierzu stellt Hüglin (1972) die Konzeption der D.O.‑Gebiete auf folgende Grundlage: „… die Begrenzung auf Zonen mit besonders bevorzugten ökologischen Voraussetzungen, einfacher gesagt auf solche, die Originalität haben.“

Ausgehend vom Terroir‑Konzept und wegen des grundlegenden Mangels an Basisdaten sowie von Informationen aus der önologischen, sozio‑ökonomischen und kulturellen Sphäre, welche die unterschiedlichen Einheiten des Mediums Boden betreffen (georeferenciación), wurde ein Konzept zur Beschränkung auf umweltbezogenes Weinbau‑Terroir (viticultural terroir) entwickelt. Ein wichtiger Ansatzpunkt hierbei ist, dass dieses nur auf die Bestandteile des „Mediums Natur“ und auf das Agrarökosystem des Weinbaus bezogen wird. Dies entspricht dem Gesamtkonzept des Bodens (Bodenserien der Arbeitseinheiten), was Pflanzen und weiterhin alles, was zum Weinbau dazugehört, mit in die Betrachtung einschliesst.

Im Folgenden soll es um das Terroir gehen, wobei damit das umweltbezogene Weinbau‑Terroir (viticultural terroir) gemeint ist (siehe Abb. 158). Da hier der Gesichtspunkt der geographischen Abgrenzung angesprochen wird, müssen Areale mit einheitlichem Umweltmedium (Homogene Bodeneinheiten, unidades homogéneas del medio, UHM) geschaffen werden. Es müssen deshalb die Terroirs jeder Weinbauregion auf vergleichbare Voraussetzungen untersucht, aber auch ihre Beschränkungen in der weinbaulichen Eignung bestimmt werden. Der Boden muss nicht nur hinsichlich seiner Eigenschaften und sonstigen Gesichtspunkte charakterisiert werden, sondern auch bezüglich seiner geographischen und kartographischen Verteilung, um die Areale definieren und verwalten zu können, aber auch, um eine Voraussage für optimale Qualitätsbedingungen (Emergenzen) erkennen und unterscheiden zu können.

 Nutzen der Abgrenzung von Weinbaugebieten (zónificación del terroir) 

In zunehmendem Maße entstehen auf der Welt neue Weinbaugebiete mit entsprechendem Zuwachs an Verarbeitungsindustrie, die immer leistungsfähiger wird. Jeder Erzeuger versucht, auf die beste Art und Weise seine Möglichkeiten im Wettbewerb auszuspielen. Dabei ist das Ziel, den Wertzuwachs zu erhöhen und die Weine wettbewerbsgerecht im Markt zu positionieren.

Ein übergeordnetes Ziel beim Weinbau ist die Qualität der Weine. Vieles wird darüber in allgemeinen Abhandlungen und Fachzeitschriften geschrieben. Immer ist die Qualität Bezugspunkt – und dass diese vom Boden, dessen Bearbeitung, der Pflege der Reben, darüber hinaus aber auch von der Verwendung von Qualitätsrebsorten abhängt.

Letztendlich hängt die Traubenqualität, wie zuvor beschrieben, vom Zusammenwirken der Variablen des Mediums Umwelt ab sowie von der Einflussnahme des Winzers mit seinen Kultivierungstechniken auf das Beziehungssystem Klima – Gestein – Landschaft – Boden – Pflanze. Der Önologe seinerseits hat anzuerkennen, dass das Lesegut im Keller nicht mehr verbessert werden kann, dass er aber sehr wohl beim Ausbau das Beste aus ihm herausholen muss, indem er die vorteilhaften Eigenschaften erhält und Fremdeinflüsse ausschaltet. Hierdurch bestimmt das Terroir die Eigenschaften der Weine. Aufgrund von Untersuchungen, die in verschiedenen Weinbaugebieten durchgeführt wurden, lässt sich erkennen, dass eine Rebsorte (Unterlage<>Sorte) bei Anwendung gleicher Weinbautechnik im gleichen Terroir einen ganz bestimmten Qualitätsweinstandard garantieren kann.

Die Notwendigkeit zur Abgrenzung der Qualitätsweingebiete (Zonierung, terroir zoning) lässt sich in technischen und wissenschaftlichen Bereichen rechtfertigen. An erster Stelle hilft sie bei der Flächenbestimmung im Zusammenhang mit dem gesetzlichen Schutz von D.O.‑Abgrenzungen, sie erleichtert die Wahl bestimmter Weinbautechniken unter Berücksichtigung des Umwelteinflusses auf den Wein, hilft bei neuen Gebietskanditaturen bei der Bewertung von deren weinbaulicher Eignung und Charakterisierung, weiterhin leistet sie Entscheidungshilfe bei der Frage von Versuchsanordnungen für neue Technologien und deren Einführung. Im wissenschaftlichen Bereich erregen diese Fragen große Aufmerksamkeit. Dies wurde mit bisher acht sogenannten „monographischen“ Kongressen unterstützt und gewürdigt, die im Jahre 1996 in Angers (Frankreich) begannen und dann in zweijährigem Abstand in Siena (Italien), Tenerifa (Spanien), Avignon (Frankreich), Ciudad el Cabo (Südafrika), Burdeos‑Montpellier (Frankreich), Nyon (Schweiz) und Soave (Italien) folgten; der nächste Kongress ist in Bourgogne‑Champagne (Frankreich) für 2012 geplant.

Methodologische Grundlagen 

Die Abgrenzung eines D.O.‑Weinbaugebietes (Zonierung) ist komlex und erfordert eine spartenübergreifende Methodik. Weinbauexperten, Önologen, Bodenkundler, Klimatologen, Botaniker, Kartographen, Statistiker und Informatiker müssen mitwirken. Gleichzeitig verlangt diese Arbeit eine Unzahl von statistischen Daten, die oft noch nicht existieren, wodurch der finanzielle Aufwand für eine solche Untersuchung oft erheblich ist, vor allem, wenn ins Detail gegangen werden soll.

Es sind Methoden verfügbar (siehe z.B. Vaudour, 2004), mit denen selbst bei abweichenden Resultaten Abrenzungen in kartografische Einheiten mit einigermaßen homogenen Weinbaugebieten erfolgen können. Die Detailsicherheit für die Entscheidungsfindung hängt dabei von dem bei der Aufarbeitung verwendeten Maßstab ab. Die Anwendung dieser Methodik ist allerdings nicht immer möglich, hauptsächlich dann nicht, wenn geologische Daten in einem adäquaten Maßstab fehlen. Deshalb ist die Auswahl des Maßstabs ein wichtiges Thema, denn Detailinformationen beeinflussen letztendlich die Entscheidungsfindung und die Kenntnis über die Verfügbarkeit der Mittel.

Die Erörterung kann in ähnlicher Form erfolgen wie beim Thema Boden. Im Allgemeinen bestehen zwei Ansatztypen: das Qualitätsweingebiet (Makrozonierung) und die Weinbauparzelle (Mikrozonierung) (Abb 159).  Bei kleinem und mittlerem Maßstab (kleiner als 1 : 50.000) versteht sich das Medium Weinbau als ein Ökosystem, das durch seine Bestandteile und Einflussfaktoren festgelegt ist, bei größerem Maßstab (ab 1 : 25.000) können zusätzlich die Bestandteile und Einflussfaktoren in Korrelation zur Weinqualität gesetzt werden.

Um diese Methoden der D.O.‑Abgrenzung (Zonierung, terroir zoning) bei kleinem oder mittlerem Maßstab anzuwenden und eine Einteilung in charakteristische Unterbereiche durchführen zu können, die Zusammenhänge zwischen den Kennzahlen mit detaillierter Darstellung erkennen lassen, ist es notwendig, beide Formen der Untersuchungen zusammenzufassen.

An erster Stelle geht es um die Bestimmung ausreichend homogener und gut beschriebener Einheiten des Mediums (UHM), weiterhin gilt es, durch eine vereinfachte Analyse mittels festgelegter Parameterzu Qualitätskennzahlen zu kommen.

Kartendarstellungen in kleinem Maßstab ermöglichen es nur mit Schwierigkeiten, Untergebiete zu unterscheiden, die uneingeschränkt für den Weinbau geeignet sind. Die Prospektion von Weinbergsgebieten in Problemzonen, wie beispielsweise in extremer Höhenlage, mit unzureichendem Wärmeangebot oder vorherrschend jungen, schlecht entwickelten Böden, ist ohne weitere Detaillierung (in größerem Maßstab) kaum möglich, da die Erhebung dann nur wenig zum schon Bekannten beitragen wird. Im gleichen Sinne, aber im extremen Gegensatz hierzu bedarf die Machbarkeit von Weinbau in den traditionellen D.O.‑Weinbaugebieten keiner Rechtfertigung.

Für den modernen Weinbau sind die Typizität und die Individualität eine unabdingbare Vorausetzung. Für die detaillierte Charakterisierung müssen wir die Bedingungen kennen, die den Qualitätswein begrenzen, wie die Variabilität des Klimas (Meso‑ und Mikroklima), die Landschaft (Mikrotopographie), die Gesteinsart (lithologische Formationen) und die Bodenfolge. Abschießend muss jedoch der Maßstab vergrößert werden (Mikrozonierung).

DieZonificación Integrada del Terroir (ZIT) der Iberischen Halbinsel 

Wie schon zuvor erwähnt, ist die Grundlage der Weinerzeugung der Iberischen Halbinsel der D.O.‑Qualitätswein. Er ist gemäß den Bodeneigenschaften und der besonderen Gebiets‑Charakteristik, nach Größe, Verteilung und Kennzahlen der weinbaulichen Nutzung klar abgegrenzt. Die durchgeführten Untersuchungen beziehen sich auf die Unterscheidung, Charakterisierung und geographische Identifizierung in bestimmten Maßeinheiten, die zu homogenen Zonen (UHM) führten. In weinbaulicher Hinsicht schlägt sich dies in der Erntemenge nieder, auf der Grundlage von Bestandteilen und wichtigen Merkmalen des Mediums. (Abb. 160)

Die Methodologie integriert variable Klimadaten, Daten zur Geosituation (Lithologie, Landschaftsrelief, Topographie, Vegetation), den Bodenverhältnissen sowie der Verteilung, Produktivität und Gestaltung des Weinbergs als Kennzahlen für die Anpassungsfähigkeit des regionalen Weinbaus und dessen önologische Qualität. Diese Bestandsaufnahme wurde im Detail an anderer Stelle schon zuvor beschrieben (div. Beiträge von Gómez Miguel et al. undSotés et al.).

Wir wissen, dass die Unterteilung der Weinberge gemäß ihrer Produktivität, einschließlich sonstiger Variablen der Weinbauanforderungen (Sorten, Entstehung, Alter …) fragwürdige Richtwerte für eine Bewertung darstellen. Sie sollten jedoch als werthaltig im Sinne der gesamten Entwicklung gesehen werden, da ihre Auswahl durch die Weinbautreibenden im Laufe der Jahrhundete zu den geeignetsten Standorten führte. Insbesondere wenn man das enorme Boden‑Angebot auf der Halbinsel bedenkt, der nur eine geringe Nutzung als Weinbaufläche gegenübersteht, erleichtert dies den Auswahlprozess (insbesondere in unserer langfristig gesehen rückläufigen Situation). Jedoch können in bestimmten Fällen andere Einflussgrößen die Standortwahl des Weinberges bedingt haben – wie soziokulturelle Gründe, die Nähe zu Städtzentren oder falsche landwirtschaftliche Planung –, die zu den bekannten Problemfällen führten, aber eine Ausnahmesituation darstellen.

Das Ergebnis der Abgrenzungen sind Karten mit homogenen Einheiten des Mediums (UHM), deren kartographische Einheiten die prinzipiellen Verhältnisse erfassen, die zwischen den Gesteinsgruppierungen, den Erdformationen und den Serien von Bodenarten bestehen. Die Informationen, die über die bearbeiteten Schichten erworben wurden, sowie ein System der geographischen Information (GIS) führen zu einer Quantifizierung der Informationen und lassen sich statistisch bearbeiten. Im Folgenden beschreiben wir die unterschiedlichen Phasen und Etappen der Gebietsabgrenzung (Zonierung): Klima, Umweltmedium des Bodens (Geosituation) und die abschließende Zusammenfassung der Ergebnisse.

Klimatische Gebietsabgrenzung (zonificación del clima). 

Der Einfluss des Klimas auf die vegetative Entwicklung der Pflanzen und deren Qualität wurde in vorhergehenden Kapiteln besprochen. Wie bereits gesagt, reicht es nicht aus, das Klima als Ausdruck der Einwirkung meteorologischer und geographischer Komponenten auf einen Standort zu sehen, um einen bestimmten Platz und Zeitpunkt wiederzugeben. Häufig wurden Zusammenhänge zwischen Eigenschaften des Umweltmediums und bestimmten Kenngrößen der Weinqualtät gesucht. Dabei wurden wichtige Klimakennzahlen für die Bewertung von Weinbauregionen entwickelt unter Berücksichtigung der notwendigen Voraussetzungen zur vollen Ausreifung der Trauben. Diese haben aber nur beschränkte Aussagekraft, sie sind relativ unregelmäßig, leiden unter fehlendem direktem Bezug zum Weinbau und darunter, dass es zu wenige oder nicht adäquat gelegene meteorologische Stationen gibt.

Bei Verwendung all dieser Kennziffern aus der Mehrzahl der Weinbauregionen unseres Umfeldes bestehen nur Einschränkungen hinsichtlich der meso‑ und mikroklimatischen Verhältnisse. Dies können nicht regelmäßig auftretende Abweichungen der klimatischen Komponenten sein, die im Jahresverlauf, während der Jahreszeiten und selbst im Tagesverlauf Anomalien mit sich bringen, die das Funktionieren des Weinberges stören, obwohl sie keineswegs den Weinbau ausschließen. Auf dem Niveau eines kleineren Maßstabs (Makroklima) und im Einklang mit diesen Kennzahlen kann diesen Regionen uneingeschränkt und ohne maßgebliche Unterschiede weinbauliche Eignung zugesprochen werden (Tabelle 2).

Um diese Annäherung darzustellen und diese einschließlich der bestehenden geringen Unterschiede zu bewerten, untersucht die klimatische D.O.‑Gebietsabgrenzung (zonificación climática, Klima‑Zonierung)die größtmögliche Anzahl quantitativer direkter Variablen ( Niederschlag, Temperatur, Evaporation) und abgeleiteter Variablen (Klimaindizes, bioklimatische und weinbauliche Kennwerte). Darüber hinaus wird mittels des Zusammenhangs von Feuchtigkeitsbilanz, Frostsituation, Wärmebilanz, phänologischem Fortschritt des Weinbergs u.a. anhand statistischer Analyse (automatische Klassifizierung, diskriminierende Faktorenanalyse, Analyse der Hauptkomponenten) ein Modell erstellt (vollständiges Klimamodell), das durch Eliminierung der Variablen zu einem Ergebnis mit reichhaltigen Informationen führt (reduziertes Klimamodell), welches die wesentlichen Teile der Klimainformation auf eine vernünftige Anzahl reduziert.

In Abb. 161 sind die Klimazonen von sechs D.O.‑Weinbaugebieten der Iberischen Halbinsel dargestellt. Generell wurden bei diesen Modellen die Variablen auf drei reduziert (das entspricht 90% mittlere Abweichung). Bei den untersuchten Qualitätsweingebieten sind dies die Feuchtigkeitsbilanz, die Wärme und der Fost. Die definitive Abgrenzung der Klimazonen geht – mit Hilfe des digitalen Bodenmodells – von der Kartographie dieser Parameter aus.

Die gebietliche Abgrenzung des Umweltmediums oder der Geosituation.

In diesem Abschnitt werden Aspekte erfasst, die hauptsächlich mit der Standortökologie (Kontinuität), Topographie (Höhe, Neigung, Exposition, Ausrichtung) und Geologie (Geomorphologie, Natur des Gesteins) zusammenhängen. Weiterhin werden die natürliche Vegetation und die Bodenverwendung mit einbezogen.

Auf der Iberischen Halbinsel ist der Einfluss der topographischen Bestandteile für einen Großteil der Weinbauregionen bestimmt. Es wird in unterschiedlichen HöhenlagenWeinbau betrieben, oft in extremer Höhe, vor allem aber variiert die Höhenlage laufend (Abb. 162) mit teilweise starkem Gefälle und unterschiedlicher Ausrichtung. Diese Geländewahl geschieht oft nach unzureichender Standortanalyse nur nach bearbeitungstechnischen Kriterien (Abb. 163). Die große Unterschiedlichkeit des Gesteins, in dem sich der Weinberg entwickelt, bei manchmal weniger gut definierter Lage eines D.O.‑Weinbaugebietes, das bisweilen mehr nach administrativen Kriterien abgegrenzt wurde, Unregelmäßigkeiten bei der Parzellierung mit schlechter Sonnenausrichtung, zusammen mit einer unzureichend an das Gelände angepassten Weinbaupraxis, führen auch auf der Iberischen Halbinsel zu unerwünschten Unregelmäßigkeiten, die sich in der Qualität des Endproduktes niederschlagen.

Die Erfassung dieser Variablen und Faktoren erfolgt traditionell auf zwei verschiedene Arten. Die erste arbeitet mit kleinem Maßstab, die zweite punktuell auf großem Maßstab. Keine dieser Vorgehensweisen ergibt zufriedenstellende Lösungen – die erste bringt zu wenige Details, die zweite bringt keine allgemeingültigen Informationen.

Bei der Mehrheit der Weinbauregionen unserer Umfelds gibt es nur Einschränkungen hinsichtlich der lokalen Unterschiede von Gestein und Boden, welche diejenigen Einheiten (Parzellen) betreffen, die teilweise im Grenzbereich der weinbaugeeigneten Zonen liegen, jedoch können bei Karten mit kleinem Maßstab die verschiedenen Qualitätsweingebiete uneingeschränkt und ohne wesentliche Unterschiede als weinbaugeeignet angesehen werden (Tabelle 3).

Die Unterschiede in der Vegetationerkennt man auf der Grundlage traditioneller Kartographie, wobei Menge und Art der Bewaldung (natürliche Vegetation), die Einwirkung des Klimas auf die Vegetation (Bioklimatologie), die treffende Beschreibung des Mediums (potenzielle Vegetation) und die Nutzung (Sozioökonomie) berücksichtigt sein müssen. Durch das Studium dieser Landkarten können von vornherein ausschließende Merkmale abgeleitet werden, die beipielsweise an der Präsenz endemischer Arten oder der Dichte der Bewaldung von ökologischem Interesse zu erkennen sind.

Die Methodik, die bei der Abgrenzung des Umweltmediums (zonificación del medio)oder der Geosituation angewendet wird, beruht auf detailliertem Kartenmaterial mit den ewähnten Komponenten. Bei der Konfiguration zu einem digitalen Bodenmodell werden veränderliche Größen (Variablen) wie die Höhenlage, die Ausrichtung und die Länge und Neigung von Abhängen berücksichtigt. Die Aufnahmen zur Luftbildinterpretation (FIA/ Bodenformationen und Landschaft) sind durch Beschriftung mit fünf Digitalen gekennzeichnet. In Abb. 164 ist die FIA‑Karte des D.O.C.‑Weinbaugebietes Douro wiedergegeben (SUVIDUR, 2011).

Die Bedeutung der Bodenkarte dieser Einheiten liegt darin, dass die jeweils zuvor beschriebenen Eigenschaften einzeln dargestellt werden. Der Einfluss der Geologie (Gesteinskunde und Stratigraphie) auf den Komplex Rebe/Bodengeschieht entsprechend kennzeichnender Größen (Parameter); diese hängen ab von der Gesteinsart und Skelettstruktur.

In Abb. 165 ist die geographische Verteilung der Gesteinsformationen der D.O. Toro und der D.O. Rueda zu sehen. Es wird deutlich, dass die wesentlichen Produktionsgebiete im Südwesten für den roten und im Nordosten für den weißen Toro‑Wein genau zu erkennen sind, wobei jedes sich durch eine eigenständige Gesteinsformation ausweist.

Die geographische Abgrenzung des Bodens.

Die Bestimmung des Umweltmediumswird ergänzt durch die Bodenuntersuchungen, wobei die Abhängigkeit zwischen Boden und Terroir gezeigt wurde. Dies gestattet die sinnvolle Benutzung von Bodenkarten zur gebietlichen Abgrenzung (Zonierung). Diesen Tatbestand kann man bei der Mehrheit der laufenden und abgeschlossenen Arbeiten zur Gebietsabgrenzung sehen; die Brauchbarkeit der Bodenkarten ist dabei in Abhängigkeit vom Maßstab sehr unterschiedlich. Bedauerlicherweise ist der Boden eine große Unbekannte, und nur aus wenigen Weinbauregionen mit großem Renommee liegen genaue Daten vor. In diesen Fällen wurden detaillierte Untersuchungen durchgeführt und Bodentypen mit der Weinqualität in Korrelation gesetzt. Allerdings lassen sich diese Ergebnisse wegen der Vielfalt unterschiedlicher Böden nicht verallgemeinern ( siehe Abb. 165).

Die Methodologie der Gebietsabgrenzung des Bodens (zonificación del suelo, Boden‑Zonierung) führt im Verlauf der Bodenuntersuchung zu neuen taxonomischen Bodeneinheiten (STU) und kartographischen Bodeneinheiten (SMU) oder allgemein gesehen zur Bestandaufnahme des Bodens mit orthodoxen Methoden (Nieves et al., 1985; Forbes et al., 1987; Wambeke & Forbes, 1988; USDA, 1993, 1994–2010, 1999; Rossiter, 2004). Die Aufarbeitung der in den verschiedenen Schichten erworbenen Informationen mit dem geographischen Informationssysten (GIS) führt zur Quantifizierung der Inhalte und der Möglichkeit statistischer Aufarbeitung. In Abb. 166 wird die Bodenkarte der kartographischen Einheiten des Weinbaugebietes D.O. Cigales gezeigt.

Die Variationen der Geosituation, wie der Gesteinsstruktur und der Relief‑Formierung, werden vom Modell erfasst, und letztendlich können die Bodenserien mit klassischen Methoden der Bodenkunde bestimmt werden. Die Bestimmung des Mediums (caracterización media) mit dieser Vorgehensweise und die qualitätsbezogenen Informationen werden zur Einschätzung der einzelnen STU verwendet. Die entscheidende Kennzahl wird für jede bestimmte Situation (Taxon) errechnet, wobei 100% der maximale Wert ist. Die Bewertung der einzelnen SMUs erfolgt mittels Durchschnitt der gewichteten Kennzahlen aller Taxierungen, aus denen sie zusammengesetzt sind (Abb. 167).

Mit einer statistischen Methode (faktorielle Diskriminanzanalyse AFD) wird das unterschiedliche Potenzial der verschiedenen Böden ermittelt, um die Ursache für unterschiedliche Nutzung der Parzellen herauszufinden. Man kann davon ausgehen, dass der prozentuale Auslastungsgrad einer Region für Weinbau in direkter Beziehung zur Eignung der Böden für hohe Weinqualität steht. (Letztere sind kleinflächiger und nur eingeschränkt verfügbar, während sehr große Einheiten unterbewertet sein können.) Die verschiedenen Einheiten werden in Gruppen je nach der „Weinqualität des Bodens“ eingestuft, wobei mit oben erwähnter statistischer Methode (AFD) alle quantitativ veränderlichen Größen des Bodenprofils gemeinsam verwendet werden. Dabei wird der Oberflächenhorizont meistens gemeinsam mit daneben liegenden erfasst. Die meisten für die Charakterisierung dieser abgegrenzten Gruppen (Taxa) ausgewählten Variablen sind aussagekräftig für die landwirtschaftliche Ertragsmenge, einige andere sind darüber hinaus von besonderem Interesse für die Weinerzeugung (K/Mg, Ca/Mg usw.). Andere Variablen, wie die organische Substanz des C‑Horizonts, beeinflussen wichtige Eigenschaften des nächsten Horizonts (der eng mit der Lithosphäre verbunden ist), Diese umfassendere Untersuchung ist aussagekräftiger als die Verwendung von nur zwei Horizonten. Die AFD kann mit einer weiteren statistischen Methode (lineare Kombination der analytischen Eigenschaften) dazu dienen, dass jede der Gruppen (Taxa) sich so einstuft, dass ihr Schwerpunkt dem folgenden am nächsten liegt.

Mit der Bestätigung und der Gegenüberstellung dieser beiden Methoden wird das endgültige Ergebnis erreicht, unter der Voraussetzung, dass die Resultate ähnlich genug sind. Hiermit verfügt man unmittelbar über die Ergebnisse bezüglich kennzeichnender Unterschiede hinsichtlich der Eignung für Reben in verschiedenen STUs. Dies hat Einfluss auf die Arbeitsschritte bei der Anlage eines Weinbergs, andere werden mit Zwischenkulturen besetzt und wieder andere vom Weinbau eindeutig ausgeschlossen. Im Übrigen sind diese Relationen unabhängig von der zur Verfügung stehenden Fläche.

ZIT – Einsatzgebiete und Anwendungen.

Die Informationen, die mit der Studie des ZIT ermittelt wurden, sind georeferenziert, digital gescannt, und ein bedeutendes geographisches Informationssystem (GIS) ist mit eingeschlossen. Es ist erwartungsgemäß verbunden mit den Eigenschaften von jeder der Komponenten: Klima, Topographie, Geomorphologie, Lithologie, Vegetation und Landnutzung, den Informationen der Weinbaukartei, dem Boden und schließlich auch mit der Gebietsabgrenzung (Zonierung) des Terroirs an sich.

Dazu gehört das Erstellen eines Software‑Dienstprogramms, das die Parzellen, die orthofotografische Bestandsaufnahme und Verwaltungsdaten (D.O., Winzer usw.) registriert und, falls nötig, Ämtern der Verwaltung der DOS (CRDO, INDP u.a.), aber auch Weingutsmanagern, Genossenschaften und den Erzeugern selbst sowie anderen Interessengruppen den Zugang zu den Daten ermöglicht.

Die Einbeziehung von in Hinsicht auf das weinbauliche Terroir ordnungsgemäß abgegrenzten und charakterisierten Gebieten innerhalb eines GIS ermöglicht nicht nur einen einfachen Zugang zu allen Informationen über das Netzwerk und dessen schnelle Aktualisierung (hohe und niedrige Bepflanzung, Kontrolle von Alter, Erziehungsform, Produktion, Qualität usw.), es gibt auch Auskunft über die Ernten und die Bebauungsart und liefert Informationen, wenn Neuanpflanzungen in Gebiete mit besserer Qualitätseignung verlegt werden sollen, selbst wenn diese einen Mangel an Weinbautradition aufweisen.

In Bezug auf Experimente, die für die UHM‑Weinbereitungs‑Kriterien erforderlich sind (siehe z.B. Gonzalez‑Sanjose et al., 2008), ermöglicht die ZIT die optimale Auswahl des Standortes einer Versuchsanlage, so dass die Ergebnisse verallgemeinert werden können und der Vergleich mit anderen Gebieten möglich wird (Auswahl von Gebieten ohne Weintradition) – letztendlich um den Technologietransfer zu erleichtern.

Über Utility Computing kann der landwirtschaftliche Wissensstand wesentlich verbessert werden. Über die Umweltdaten bekommt der Erzeuger in den einzelnen Betrieben Zugang zu den technischen Daten über Klima, Geologie, Böden und letztlich zum Terroir‑Qualitäts‑Index des ZIT, und er wird damit in eine erfolgversprechende Richtung geführt.

Diese Art von Programmen und Daten des ZIT liefert die Mittel für die Optimierung der Bodenbearbeitung und der Ernte im Betrieb (Tabelle 4). Allerdings ist es notwendig, auf einige Details zu bestehen, insbesondere in Bezug auf den Maßstab der Studien, die wir (Abb. 159) als Makrozonierung (unterer Maßstab 1 : 50.000) und Mikrozonierung (oberer Maßstab 1:25.000) bezeichnet haben).

Bei der Makrozonierung ist es üblich, dass mehrere Terroirs in einer Karteneinheit zusammengefasst sind. Dieser Umstand, der kaum Einfluss auf die bereits dargelegten Anwendungen hat, ist von entscheidender Bedeutung in Bezug auf das landwirtschaftliche Management, insbesondere bei Verrichtungen im Zusammenhang mit traditionellem Weinbau wie auch beim Präzisionsweinbau (Tabelle 4). Aus diesem Grund ist es eine unabdingbare Voraussetzung, dass jedes Terroir separat geführt wird und der Maßstab der Studie (Mikrozonierung) so lange vergrößtert wird, bis für jede kartographische Einheit ein einziges Terroir gebildet wurde.

In diesem Sinne ist die Mikrozonierung der Lage, das Verhältnis Boden–Pflanze–Produkt durch die kontinuierliche Überwachung der Variablen in jeder Stufe der Erzeugung zu steuern. Damit wird die Kontrolle und Optimierung aller Teilbereiche sichergestellt, die sich innerhalb der Struktur einer regionalen Makrozonierung befinden (in Bezug auf Lage und Geometrie der Pflanzung, geeignetes Pflanzgut, Beziehungen zwischen Boden und Pflanze: Auswirkungen der physikalischen und chemischen Eigenschaften [Nährstoffe, Gesundheit und Entwicklung] sowie effiziente Nutzung des Inputs bei der Bearbeitung von homogenen Einheiten). Dies ermöglicht die Hochrechnung der Ergebnisse und die Identifizierung und Charakterisierung von UHMs, mit direktem Einfluss auf Umweltfragen und Raumordnung. Schließlich gestattet die Kontrolle der Variablen jeder Bearbeitungseinheit (Serie), Erkenntnisse über die ökologischen Beziehungen zwischen dem Medium und der Pflanze, deren Vorprodukten (Trauben) und damit letztlich der Qualität der Weine zu gewinnen.

Schlussfolgerungen und Aussichten.

Die komplette Gebietsabgrenzung (Zonierung) des Terroirs (ZIT) im Sinne dieses Beitrags ermöglicht die Abgrenzung und Kennzeichnung von einheitlichen ökologischen Einheiten (UHMs) im Hinblick auf Geographie, Klima, Gesteinskunde, Geomorphologie und Boden in Bezug auf seine Produkte (Trauben, Most, Wein) zur Erzeugung von Qualitätswein.

In diesem Sinne gestattet das ZIT‑Verfahren, erfolgreich die Herausforderungen anzunehmen, vor denen der Qualitätsweinbau der Iberischen Halbinsel steht: Charakterisierung und entsprechende Abgrenzung von Qualitätsweingebieten; Unterscheidung von Zonen entsprechend der Qualität des Produktes; Steuerung der richtigen Weinbautechniken; Schaffung von Perspektiven zur Durchführbarkeit von Weinbau in Regionen ohne Weinbautradition (Gómez Miguel, 2005); Auswahl von optimal geeigneten Versuchsflächen in zuvor festgelegten Bereichen, so dass Ergebnisse verallgemeinert und auf andere vergleichbare und definierte Parzellen im Sinne eines Technologietransfers übertragen werden können. Hierbei ist die Verfügbarkeit von GIS/SIG sehr wichtig, letztendlich, damit die eigenen Betriebsdaten zur Erstellung einheitlicher taxonomischer Einheiten führen (Mikrozonierung).

Die ZIT ist auch von Bedeutung bei der landwirtschaftlichen Beratung und als direktes Informationsangebot für den Weinbau. Die Informatik unterstützt dies mit einem System geographischer Informationen und hat dabei einen einfachen Zugang zu klimabezogenen, lithologischen, geomorphologischen, landschaftsbezogenen und bodenkundlichen Daten. In diesem Sinne muss die Datengrundlage mit ihrem Gebrauch und der Aktualisierung des Weinbaukatasters ständig wachsen. Diese Informationen gestatten es, die konventionelle Bearbeitungspraxis zu optimieren und liefert notwendiges Handwerkszeug zur korrekten Arbeitsweise des modernen Weinbaus (viticultura de precisión, Präzisionsweinbau) mit der Aussicht, mittelfristig durch richtige Technik Kosten zu reduzieren.

Das Menetekel des Klimawandels

Bei einer linearen Extrapolation der Klimadaten der letzten Jahrzehnte würde sich in verschiedenen Regionen der Iberischen Halbinsel ein erschreckendes Szenario ergeben. Zunehmende Trockenheit und extreme Hitze mit Dormanz‑Problemen stellen dort den Qualitätsweinbau generell und den Weinbau überhaupt zumindest für viele der zurzeit angepflanzten regionalen Rebsorten in Frage.

Als Denkmodell halte ich diese Vision für wichtig hinsichtlich langfristiger Entscheidungen und der Ausrichtung wissenschaftlicher Strategien. Wir sind uns jedoch bewusst, dass es keine Sicherheit in der langfristigen Voraussage gibt. Schon (536/537 n. Chr.) berichten der in Palästina lebende Grieche Prokopios und der römische Historiker Flavius Cassiodorus von niedrigen Temperaturen mit Schnee im Sommer sowie darauf folgenden Missernten. Der mittelalterlichen Warmzeit (950‑1100 n. Chr.) folgte die sogenannte kleine Eiszeit mit den besonders kalten Zeitabschnitten 1570‑1630 und 1675‑1715. Auch der Ausbruch des Krakatau (Indonesien) 1883 bedingte eine weltweite Klimaverschlechterung, und in den 60er Jahren spekulierten nach der miserablen Weinlese 1965 (in Zentraleuropa) manche Wissenschaftler über ein nahendes Ende der Zwischeneiszeit (das im Vergleich zur Länge vergangener Zwischeneiszeiten bald fällig wäre). Unter anderem die abnehmende Sonnenaktivität und eine mögliche Veränderung des Golfstroms durch den Anstieg des Meeresspiegels sind Unwägbarkeiten, die eine lineare Extrapolation der Klimadaten in Frage stellen. Wir sollten deshalb nicht folgern, dass wir den Qualitätsweinbau in vielen heute privilegierten Weinbaugebieten der Iberischen Halbinsel abschreiben müssen.

Der folgende Artikel versucht  zu verdeutlichen, dass selbst bei linearer Extrapolation der Klimadaten das iberische Reben‑Genzentrum  nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird.

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