Die Terroir-Zonierung nach weinbaulichen EignungskRiterien

Die Grundvorstellung des Begriffs Terroir

Die Rebe, gleichermaßen wie andere Pflanzenarten, weist Unterschiede in ihrer morphologischen und physiologischen Erscheinungsform auf. Das Verhältnis zwischen der Instabilität der Sorteneigenschaften und den Umweltbedingungen ist festgelegt in den Erbeigenschaften bezüglich einer phänotypischen Formbarkeit und Auslese (Selektion). Diese hat sich durch die Eigenschaften des Mediums und die Fähigkeit ergeben, sich innerhalb der Variation der Erbfaktoren an das jeweilige Habitat anzupassen (Phänotyp).

Das Medium, in dem die Pflanze lebt, ist bestimmt durch unterschiedliche natürliche Einflussgrößen, die ihr Verhalten und ihre Reaktionen, den Stoffwechsel, das Wachstum und letztendlich die Entwicklung bestimmen. Durch Beobachtung und wissenschaftliche Versuche konnte man bestimmte Grundsätze erkennen, welche die Beziehungen zwischen Rebe und Umwelt bestimmen, wodurch diese zum wichtigsten Einflussfaktor für die Qualität des Weines wird.

In diesem hochkomplexen Umfeld ist der Begriff „Terroir“ entstanden, dessen Konzept nicht nur Klima, Geologie, Landschafts‑ und Bodenkunde umfasst, sondern auch die Bewirtschaftung und die Steuerung des weinbaulichen Ökosystems, die Handhabung der Produkte und den Weinausbau. Letztendlich sind auch noch Einflussgrößen des kulturellen und sozioökonomischen Umfelds bestimmend für das Szenarium, das wir als „Terroir‑Bewusstsein“ bezeichnen (Abb 122).

Gleichzeitig ist die Weinqualität ein Resultat der Wechselwirkung zahlloser Bestandteile, wie von natürlichen biologischen, kulturellen und kellertechnischen Faktoren, die auf einen bestimmten gesellschaftlich und wirtschaftlich festgesetzten Bereich ausgelegt sind. Konkret gesagt heißt dies, dass die Weinqualität bestimmt ist durch die Traube und deren Reifungsprozesse, diese wiederum weitgehend durch die Wechselwirkung Klima‑Boden‑Pflanze und die Veränderungen, die der Winzer durch seine Kulturtechniken einbringt. Das heißt auch, dass der Winzer die Ausprägung des Terroirs beeinflussen kann. Dennoch kann man in jeder bedeutenden Weinbauregion beobachten, dass bei vergleichbaren Anbaubedingungen nicht alle produzierten Weine ein ähnliches Niveau erzielen. Dies erinnert an eine interessante Feststellung von Vauban, Politiker und gebildeter Franzose des 17. Jahrhunderts: „Das beste Terroirunterscheidet sich in nichts von einem schlechten, wenn es nicht darauf hinaus angelegt ist, einen ansprechenden Wein zu produzieren“ (Sotés & Perez, 2010).

Das Weinbau‑Terroir – praktische Auswirkungen der Begriffsbestimmung

Unsere Vorfahren widmeten viel Zeit der Beobachtung der Natur und des Verhaltens der Pflanzen in bestimmten Situationen und erwarben so empirische Kenntnisse. Durch schrittweise Annäherung, Bestätigung und Fehler begannen sie, für die Erzeugung von Qualitätsweinen geeignete Gebiete zu bebauen und auch Gebiete besserer Weinqualität von den weniger guten zu unterscheiden. Der wissenschaftliche Fortschritt des Weinbaus der letzten Jahre hat die Kenntnisse, die zuvor in Jahrhunderten erworben worden waren, deutlich überschritten. Die Anwendung analytischer und statistischer Systeme wie auch geographische Kenntnisse erlauben eine neue Betrachtungsweise des Terroirsund seiner Abgrenzung mit sachlichen, kartographischen Kriterien, welche die vorherigen übertreffen.

Dennoch sind die Möglichkeiten, die Frage des Terroirs auf globaler Ebene zu lösen, generell beschränkt durch den Mangel an grundlegenden önologischen, sozioökonomischen und kulturellen Daten. Diese müssten alle mit den unterschiedlichen Einheiten des Umweltmediums vernetzt sein (georeferenziert). In diesem Sinne wurde eine restriktive Herkunftsbezeichnung für umweltbedingtes Terroir (viticultural terroir) entwickelt, und zwar mit der besonderen Absicht, dass dieses ausschließlich verwendet werden darf, wenn die Voraussetzungen und die Bestandteile des Umweltmediums und des weinbaulichen Ökosystems vorliegen (Abb. 122). Die Definition des Konzepts vom „Weinbaulichen Terroir“ wurde am 25. Juni 2010 von der OIV erarbeitet:

„Das Terroir ist eine einzigartige und abgegrenzte geographische Einheit, über die ganzheitliche Kenntnisse vorliegen hinsichtlich der Wechselwirkung zwischen dem physikalischen und biologischen Umfeld/Medium und den angewandten landwirtschaftlichen Praktiken. Diese Zusammenhänge liefern den Produzenten Informationen und Kenntnisse über die besonderen Eigenarten ihrer Region. Es umfasst die speziellen Besonderheiten dieser Landschaft und trägt zum Mehrwert des Gebietes bei.“

Diese Definition erfasst verschiedene Aspekte des Terroirs, wie die geographisch begrenzte Herkunft (Zonierung), und erkennt den weitgehend akzeptierten Gesichtspunkt der kennzeichnenden Eigenschaften, der Ursprünglichkeit und der einzigartigen Qualität eines Produktes, eines Ortes oder einer Rebsorte an. Darüber hinaus wird der spezifische Einfluss der natürlichen Faktoren (Klima, Geologie, Boden) berücksichtigt und die Bedeutung der Rebsorte sowie der weinbaulichen und kellertechnischen Praktiken anerkannt. Andererseits sind, damit all dies zur Anerkennung und Aufwertung des Produktes führt, eine ganze Reihe externer Gesichtspunkte zu beachten (siehe z.B. Branas, 1993).

Wenn wir in diesem Rahmen von Umweltfaktoren und ihren Auswirkungen sprechen, dann sind dies zum einen die klimatischen und atmosphärischen Einflussgrößen wie Licht, Temperatur, Zusammensetzung der Luft, Luftfeuchtigkeit, Niederschlagsmenge und Wind. Es sind weiterhin die geologischen Faktoren wie das Alter und der Ursprung des Gesteins; die bodenbezogenen Faktoren wie die Temperatur, das Wasser und die Bodenatmosphäre mit ihren physikalischen und chemischen Beschaffenheiten; geomorphologische und topographische Faktoren, verbunden mit dem Landschaftsrelief und den Formen des Geländes mit seiner lichtbezogenen Lage, Ausrichtung und Neigungsgrad, deren Einwirkung durch die klimatischen und bodenbedingten Veränderungen zum Ausdruck kommt; letztendlich biologische Einflussgrößen, die über die Pflanze hinaus (Rebsorte und Unterlage) die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Lebewesen und der Tätigkeit des Menschen einschließen. In den folgenden Kapiteln wird in detaillierter Form auf jeden dieser Faktoren eingegangen.

Die meisten bestehenden Untersuchungen über die Einflussfaktoren erfolgen in beschreibender Form. Aufgrund der notwendigen Handhabung und Integration dieser Untersuchung, aber auch der Entwicklung und Verfügbarkeit neuer statistischer Programme und geographischer Informationssysteme (SIG oder GIS) ist es heutzutage notwendig, die verschiedenen Elemente den entsprechenden Gebieten zuzuordnen. Das Resultat nennt sich Zonierung, oder genauer „terroir zoning“, was im letzten Kapitel dieses Beitrags behandelt werden soll.

Die Abgrenzung der Qualitätswein‑Anbaugebiete (D.O.)

Der spanische Weinbau umfasst eine Fläche von 1.132.432 ha (2007), der portugiesische Weinbau 230.000 ha (2010). Ein Großteil der Weinberge befindet sich im Landesinneren der Halbinsel. Darüber hinaus bestehen Anpflanzungen in den Tälern der wichtigsten Flüsse und ihrer Nebenflüsse. In jedem dazugehörigen Flussbecken befinden sich Tallandschaften mit unterschiedlicher Ausrichtung und Belichtungsexposition, wodurch große Unterschiede in Klima und Bodenbedingungen entstehen. Die Unterschiede in Höhenlage und geographischer Breite, in Verbindung mit der großen Vielfalt der Standortökologie, der Gesteinsstruktur, der Landschaft sowie der Ausrichtung und Belichtungsexposition der Weinberge, einschließlich des Klimas und der Böden, sind dermaßen differenziert, dass sich in Verbindung mit dem einmaligen Rebsortenreichtum ein vielfältiges Spektrum von Weintypen ergibt, wie es auf der Welt einmalig ist.

Die Qualitätsweinerzeugung auf der Iberischen Halbinsel basiert auf gesetzlich geschützten Merkmalen. Die Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete sind untergliedert in Qualitätsweine mit geographischer Angabe (D.O.), Qualitätsweine mit kontrollierter Herkunftsbezeichnung (D.O.Ca) und Weine mit Herkunftsbezeichnung mit bestimmten boden‑ und mikroklimatischen Bedingungen (D.O. viño de pago und viño de pago calificado). Die gesetzlichen Bestimmungen sind zusammengefasst in den Verordnungen zur landwirtschaftlichen Marktordnung, die den Weinbau einschließt (CE 1234/2008; DOUE L334 vom 12 Dezember 2008).

Im kontinentalen Portugal gibt es 25 und auf den Atlantikinseln 4 DOP, sowie 10 kontinentale Landweingebiete und 2 auf den Inseln. (man hat die Untergliederung der Qualitätsweine mit der Bestimmung des Terroirs bisher erst im Weinbaugebiet des Douro in Angriff genommen – Anm. Herausgeber).

In Abb. 123 sind die wichtigsten Herkunftsbezeichnungen der Iberischen Halbinsel mit ihrer Lage dargestellt.

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