Entwicklung des alentejanischen Weinbau

João Mota Barroso (Universität von Évora)

Unter allen Weinbaugebieten Portugals hat der Fortschritt den Alentejo am stärksten geprägt. Dies geschah so nachhaltig, dass der Alentejo sich von einer zweitklassigen Region praktisch ohne weinbauliche Bedeutung, hin zu einem der erfolgreichsten Weinbaugebiete des Landes entwickeln konnte. Die Tatsache, dass sein Wein zum beliebtesten im Lande wurde, erlaubt keinen Zweifel. Unabhängig von der durch die Neuerungen der letzten 50 Jahre verursachten grossen Veränderungen, können wir mindestens drei Entwicklungsphasen unterscheiden die im folgenden beschrieben werden.

1º – Beharrungsvermögen – diese Phase dauerte bis zu den 60er Jahren und Anfang der 70er und repräsentiert eine Periode, in welcher der Weinbau hier nur marginale Bedeutung hatte. Seine Anwesenheit in wenigen und besonderen Zonen des Alentejos verdankte er hauptsächlich der Tatsache, dass es dort Betriebe gab die zu klein für extensiven Getreideanbau oder Viehzucht waren, weshalb dort Olivenanbau, Weinbau und Gemüseanbau vorgezogen wurde. Die Existenz der Winzergenossenschaften gestattete den Kleinwinzern, deren Produktion zu klein war um zu guten Bedingungen vermarktet werden zu können, gemeinsam Trauben zu verarbeiteten und Ihren Wein gemeinsam zu besseren Bedingungen auf den Markt zu bringen. Der Weinbau verschwand nur deshalb nicht, weil er von Natur aus besonders begünstigt war und so gegen die mittels staatliche Landwirtschaftspolitik künstlich geschaffene Alternative, das subventionierte Getreide, bestehen konnte. Die konstante Qualität der erzeugten Weine erwirtschaftete einen guten Preis, welcher der intensiveren Arbeitsleistung dieser Kultur entsprach. Es handelte sich tatsächlich um eine sehr personalintensive Kultur, die meisten Arbeiten mussten von Hand, oder mit Tiereinsatz erledigt werden. Dies begann mit der Pflanzung, dann der Veredlung, der Bodenpflege und ging weiter mit dem intensiven Pflanzenschutz und der Ernte. Die Mechanisierung, die allmählich sich auch im Alentejo ausbreitete, betraf aber mehr den Getreideanbau; für den nur als Nebenkultur betriebenen Weinbau wurde sie bestenfalls im Rahmen des Möglichen eingesetzt. Wegen der engen Zeilenabstände konnten keine Traktoren verwendet werden. So wurden die Pferde immer noch eingespannt, als der Getreideanbau schon vollkommen mechanisiert war.

Angebaut wurden traditionelle Rebsorten mit einer Tendenz zu Massenträgern, was die damaligen Önologen nicht zum Widerspruch herausforderte. So breiteten sich insbesondere weisse Sorten wie Boal de Alicante, Diagalves, Manteudo, Rabo de Ovelha und bei den roten Sorten Carignan und Moreto aus. Nur das geringe Interesse an dieser Kultur verhinderte das Dilemma, welches sich zu dieser Zeit in den Weinbaugebieten des Estremadura und Ribatejo abspielte. Mit anderen Worten nur der Nebenerwerbsweinbau durch konservativ eingesyellte Kleinwinzern ohne Kontakt nach aussen, sogar ohne Ehrgeiz den Weinbau weiterzuentwickeln, hat den Alentejo letztendlich vor einer Verflachung seiner Weinqualität und der reinen Massenproduktion bewahrt.

2 –Die Bestätigung folgte in den 70er und 80er Jahren, als plötzlich eine konservative Weinbaupolitik mit entspechender qualitativer Wertschöpfung von den inzwischen finanziell erstarkten Verbrauchern honoriert wurde. Der alentejaner Wein, als Produkt einer eigenständigen Weinbauregion, gewann die Anerkennung und das Interesse des Marktes. Angesichts des stetig zurückgehenden Getreideanbaus entdeckte man im Weinbau eine landwirtschaftliche Ersatzkultur. Er hörte auf, die Landwirtschaft der kleinen Leute zu sein und wurde zu jener der dynamischen und grossen Landwirte. Die Durchschnittsgrösse der Weinbergsflächen stieg an, was zunächst die Rentabilität verbesserte und bald auch zu überdurchschnittlichen Preisanstieg führte. Die Folge war ein Wettrennen verschiedenster Investoren, davon vieler ohne weinbaulicher Tradition, die im Alentejo Weinbergen anlegten.

Die Anerkennung als Qualitätsweinbaugebiet erfolgte 1988. Dies half das Gebiet in seinem Bestand zu festigen; den Winzern wurde technische Hilfe zur Zertifizierung ihrer Produkte zur Verfügung gestellt und es wurde damit einem Berufstand Vertrauenswürdigkeit verliehen der bisher keinerlei Zugehörigkeit kannte. Der Anstieg des Weinbaus und seine Anerkennung durch fortschrittlichere Landwirte anderer Kulturen brachten die Mechanisierung. Die Weinberge wurden auf Schlepperbreite gezeilt, passend zu den in der Getreidewirtschaft vorhandenen Geräten. Die Zeilenabstände wurden auf 3,0 Meter statt der üblichen 2,7 – 2,8 Meter erweitert. Pflug und Risser fanden Eingang im Weinbau, die Böden wurden vor der Pflanzung maschinell tiefengelockert. Dies erfolgte mit Schaufel – Bulldozern bis zur Tiefe von 1,5 Meter; unabhängig vom Bodenprofil wurde dies zur Faustregel. Der Weinberg gelangte nun auch in feuchtere und fruchtbarere Böden, dies führte in Verbindung mit besserer Düngung und aufmerksamerem Pflanzenschutz zu höheren Erträgen. Bewässerung kam damals noch nicht in Frage. Es kam zu enormen Ertragsschwankungen, in Abhängigkeit des Regens im vorausgehenden Winter. Der Rebsortenspiegel wurde von den traditionellen Sorten des Gebietes bestimmt; sie wurden zum grossen Teil von dem der Winzerenossenschaften gemäss ihrem önologischen Profil vorgegeben. Nach 1988 waren die Sorten für alle Untergebiete des Alentejos gesetzlich festgelegt. Die wichtigsten Sorten in flächenmässig absteigender Folge sind: Periquita, Trincadeira, Moreto, Alicante Bouschet und Aragonez als rote Sorten; Roupeiro, Rabo de ovelha, Tamarez e Diagalves als weisse Sorten.

3 –Der Umbruch – In der Zeit von Mitte der 90er Jahre bis heute erreichte das Wachstum des alentejaner Weinbaus einen solchen Aufschwung, dass immer mehr neue Flächen urbar gemacht werden mussten. Angetrieben von dem im landwirtschaftlichen Vergleich enormen Ertrag der Trauben, sowie erheblichen Zuschüssen aus Europas Kasse für Neuanlagen und Kellereien wuchs der Sektor in einer für den Markt nicht verkraftbaren Geschwindigkeit. Es handelt sich mithin um einen Weinbau der eindeutig von den Gesetzen des Marktes bestimmt ist. Die Suche nach erneuernden Massnahmen, die zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit führen, orientiert sich heute aber vor allem nach den Forderungen der Önologen. Dies wirkt sich bei der Sortenwahl aus, es werden in grösserem Masse Rebsorten aus anderen, selbst ausländischen Gebieten eingeführt. Vor allem aber hat sich die Rangfolge der herkömmlichen Sorten verändert. Sorten wie der Moreto und Periquita, früher hochangesehen, verlieren an Bedeutung; demgegenüber kann man eine wahre Explosion bei der Sorte Aragonez erkennen und auch der Alicante Bouchet erlebt seine Wiedergeburt. Neu eingeführt wurde der Cabernet Sauvignon, der Syrah und der Touriga Nacional. Bei den weissen Sorten spricht man nicht mehr vom Rabo de Ovelha, Manteudo oder Tamarez, dagegen entwickelt sich der Antão Vaz und der Arinto; der Roupeiro, aber das Interesse an neuen Rebsorten für den alentejaner Weisswein wächst stetig, um der Verbrauchernachfrage entsprechen zu können. Der Zwang zur Erneuerung zum einen, die Ausrichtung am Verbrauchergeschmack zum anderen finden ihre Grenzen in der Flexibilität der regionalen Gesetzgebung, die mit den existierenden Problemen beschäftigt ist und diese nach bester Möglichkeit zu konsolidieren versucht um sie an die bestehenden Anbauregeln des Gebietes anzupassen.

Der Weinbau, hat ist vom Nebenerwerb zur Hauptkultur geworden, auch für den Arbeitsgeber. Der Zeilenabstand hat sich wieder auf 2.50 Meter zurückentwickelt, nachdem nun spezielle Weinbergsschlepper verwendet werden können. Der Drathrahmen wird entsprechend den Regeln der Mechanisierung und der gewünschten Laubwand angelegt, wobei die Haupttriebe geführt werden, um optimale Lichtver‑hältnisse sicherzustellen. Die Bewässerung wird heute als unverzichtbar angesehen, sei es bei Neuanlagen oder bei bestehenden, um gleichmässige Produktion und Qualität zu erreichen; insbesondere zählt jedoch der Einfluss auf die Ertragsmenge. Der Ertrag wird damit unabhängig vom Winterregen. Die Neuanlage mit Pfropfreben, entweder mit klonalem Rebmaterial oder mit Rebmaterial aus Massenauslese sorgt für homogene rebsortenreine Weinberge. Der Pflanzenschutz unterwirft sich Regeln einer übergeordneten Vernunft, sei es, dass aus Umweltgründen integrierter Pflanzenschutz betrieben wird, sei es, dass bessere Kenntnisse über die Schädlinge in der Region erworben wurden. Bei der Bodenpflege ist man vom Pflügen der Zeilen und der mechanischen Schädlingsbekämpfung abgekommen, es wird nur noch oberflächlich gelockert und mit Herbizid gearbeitet. Der alentejanische Weinbau verfügt heute über modernste technologische Informationen, dadurch kann ein wichtiger Teil der Produktionskosten zur Verminderung der Umweltbelastung mit dieser Kultur aufgewendet werden; das Informationsniveau betrifft insbesondere die Marktkenntnisse, die Wahl der Rebsorten, önologische Fragen und Hilfe bei der Wahl der Produkte. Die natürlichen Voraussetzungen wie Boden und Klima sind eindeutig vorteilhaft beim alentejanischen Weinbau, durch arrondierte grosse Rebflächen können die Produktionsfaktoren insbesondere durch Maschineneinsatz optimiert werden. Der Alentejo hat damit beste Voraussetzung sich zu einem internationalen Modellweinbaugebiet zu entwickeln, selbst dann wenn der internationale Wettbewerb sich weiter verschärft und sich damit die Rentabiltität deutlich verschlechtert.

^