DIE HERAUSFORDERUNG DURCH DIE NEUE WEINWELT

Es war offentsichtlich, dass auf den Welt‑Weinmärkten ab den 80 er Jahren eine neue Tendenz herrschte. Plötzlich kamen aus der sogenannten „neuen Weinwelt“ hochwertige Konkurrenzprodukte mit gutem Preis‑Leistungs‑Verhältnis. Kalifornische, chilenische, aber bald auch australische, südafrikanische und neuseeländische Weine hatten es durch wissenschaftlich gestützte Strategien verstanden, die besten Weine der „alten Weinwelt“ zu kopieren.

Das Geheimnis dieses Erfolgsmodells war einfach. In der alten Weinwelt bestimmten traditionelle Richtwerte, fast kann man sagen Vorurteile die Gesetze und deren Kontrolle; zudem galt die Branche als wichtiger landwirtschaftlicher Arbeitgeber, dessen Arbeitsplätze erhalten werden mussten. Die neue Weinwelt hingegen hatte ausschließlich pragmatisch‑wirtschaftlich orientierte Ziele – nämlich Geld zu verdienen. Mit Weinbautechniken, die in Europa gesetzlich verboten waren, konnten Terroirdefizite kompensiert und preisgünstig Alternativen geschaffen werden. Das Massenangebot der alten Weinwelt, das mehr an der Tradition als am Markt orientiert war, verlor auf den großen Märkten der reichen Nationen immer mehr Marktanteile. Die Bewässerung, insbesondere mit der pflanzenkonformen Lokalisierung des Wassers zum Beispiel durch alternierende Tröpfchenbewässerung, die Verwendung aromastarker Sorten wie Cabernet Sauvignon oder der Einsatz surrogater Additive wie mit der Chip‑Technologie sind einige Beispiele. Hinzu kamen die sortenspezifischen Kultivierungstechniken unter Berücksichtigung von crop balance, canopy management und crop load, die genau auf die Pflanzenphysiologie ausgerichtet waren und dafür sorgten, dass optimierte Bedingungen für gewünschte Eigenschaften (Alkohol, Säure, Farb‑ und Aromakomponenten) geschaffen wurden, was wiederum unter den Klimabedingungen der neuen Weinbauländer wesentlich höhere Ertragsmengen ermöglichte. Es gelang den Ländern der neuen Weinwelt, insbesondere jenen der südlichen Hemisphäre, Ertrag und gleichzeitig Qualität so zu steigern, dass wettbewerbsfähige Produkte mit ausreichender Spanne für Innovationsstrategien entstanden. Durch die Möglichkeit, preisgünstiges Gelände einschließlich der Savannen und Wüsten in der neuen Weinwelt nutzbar zu machen, konnte es gelingen, mit einem aus der Sicht der alten Weinwelt undenkbar geringen Investitionsetat und niedriger Kostenstruktur ausreichend Mittel für Marketing und Forschung zu generieren.

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