DIE ZEIT DES RÖMISCHEN IMPERIUMS

Der Weinbau war im Römischen Reich von großer Bedeutung. So wurden viele der heimischen Rebsorten in die Kolonien mitgenommen oder später importiert. Weinmotive aus dieser Zeit sind in großer Zahl zu finden. Es gibt auch Zeugnisse der technischen Verarbeitung in dieser Zeit (Abb. 36).

Johnson (1999: 69) schreibt: „Das Bewusstsein für Rebsorten war schon im 1. Jahrhundert nach Christus bei den Römern ausgeprägt, so wie dies heute vor allem bei den Winzern Kaliforniens oder Australiens der Fall ist.“ Die besten Weine brachten die griechischen Sorten, insbesondere Amineum, von der es fünf Untersorten gab. Ihre Weine beschreibt Plinius als besonders körperreich und robust sowie mit großem Reifepotenzial, sie waren qualitativ konkurrenzlos.

Eine einzige andere Sorte, Nomenta, kam ihr nahe. Es handelt sich um eine frühfrostharte Rebsorte mit rosenartigem Stamm, die an den Tiberhügeln nördlich von Rom angebaut wurde. Darüber hinaus kamen auch Reben aus den Überseeprovinzen, die wegen ihrer höheren Ertragskraft Beachtung fanden. Die Sorten Balisca (aus Spanien) und Biturica (aus der Region Bordeaux) waren vielversprechend. Lucius Columela († 70 n. Chr.) und einige andere Autoren seiner Zeit waren Verfechter der Qualität der winterharten und produktiven Sorten Arcelaca und Argitis oder des Rieslings (Johnson, 1999: 69). Johnson (1999: 73) erwähnt weiter die griechischen Sorten Kampaniens (in Italien) Greco und Agliano sowie die römischen Sorten Fiano, Alopecis (Coda di Volpe) und Pedirosso.

Mit der Vertreibung der Punier aus Iberien begann im 2. Jahrhundert v. Chr. die Dominanz des römischen Einflusses auf der Iberischen Halbinsel. Sie wurde verkehrsmäßig mit calzadas romanas (befestigte Verkehrswege) gut erschlossen und regionale Produkte, darunter auch die Weine, systematisch vermarktet.

Das Land war zunächst in zwei Provinzen unterteilt, „Hispania citerior“ und „Hispania ulterior“ (das näherliegende und das weiter entfernte Hispanien), wobei ulterior der Süden und der Westen war, citerior der Osten, während der Norden, das heißt der Landstrich zwischen den Pyrenäen und Galizien, unabhängig blieb.

Unter Kaiser Augustus wurde Hispania citerior im Jahr 27 v. Chr. in Hispania Tarraconensis umbenannt und Hispania ulterior in die Provinzen Lusitanien und Baetica unterteilt. Auf Diokletian geht die 289 n. Chr. erfolgte Unterteilung zurück. Im 5. Jahrhundert n. Chr. ging die Herrschaft in Hispanien von den Römern auf die Westgoten über, die sie zunächst als Verbündete herbeigerufen hatten.

Iberien war für Rom bedeutend durch seine Gold‑,Silber‑ und Kupferminen sowie landwirtschaftliche Produkte wie Olivenöl, Getreide, Schinken und Pferde sowie als Lieferant von Salz und von Sklaven. Der Wein war neben dem Export als wesentlicher Teil des Soldes beim Militär besonders wichtig und wurde deshalb fast überall angebaut.

Römischer Weinbau und Kellerwirtschaft waren sehr differenziert und fortgeschritten, wie bei Plinius dem Älteren und anderen römischen Schriftstellern nachzulesen ist. Viele der auch heute wieder gültigen qualitätsfördernden Maßnahmen im Weinberg waren schon bekannt. Die Auswahl der Rebsorten passend zu Klima und Boden und Entfernen kranker Trauben aus dem Lesegut waren genauso wichtig wie das Herausschneiden von Überproduktion, die Pflege der Laubwand und in Sonderfällen sogar das Entfernen der Rappen vor dem Keltern waren übliche Techniken. Bekannt waren sogar Qualitätsverbesserungsmaßnahmen wie das Nachreifen der Trauben auf Stroh, das Abdrehen der Traubenstiele am Stock am Ende der Reifezeit oder die Auslese der besten Trauben und Beeren.

Die Vermaischung erfolgte schonend mit den nackten Füssen, die Maische wurde in Schrauben‑ oder Steingewichtkeltern ausgepresst. Die Qualität der Weine hing wesentlich von der Hygiene und der Temperatur bei der Verarbeitung ab, wobei günstige Bedingungen oft schwer zu schaffen waren.

Zur Kellertechnik schreibt der römische Autor Plinius: „Bei den Weinen, die zur Kellerei gebracht wurden, kann man große Unterschiede in den Behandlungsmaßnahmen erkennen.“ Die Herstellungsregeln dieser Zeit waren deutlich unterschiedlich für teure Weine, schwere Süßweine und für Weine des täglichen Bedarfs. Auf jeden Fall weiß man, dass der Schwefel seit Cato bekannt war, auch wenn die Orginalquelle verloren gegangen ist. Es war damals üblich, sowohl roten wie weißen Wein auf den Traubenschalen zu vergären, damit er eine intensive Farbe bekam (Plinius). Allerdings mussten die Trauben für diese Prozedur gesund sein. Die Mode von hellen Weißweinen verlor sich damals zugunsten von Weinen mit intensiver Färbung. Eine andere Technik der Konservierung von Weinen war die Konzentration durch Eindampfen (ab 17–18 % vol. Alkohol verliert die Hefe ihre Gärfähigkeit und im Wein bleibt die Süße erhalten). Die Römer sprachen sogar von verschiedenen Konzentrationstypen. Es gab vier Weintypen: sapa (nach Plinius d. Ä., durch Kochen auf ein Drittel eingedickt), defrutum (nach Columela, „Agricultura“ Band XII, auf die Hälfte reduziert und ein Jahr gealtert), caroenum (nach Palladius, um ein Drittel reduziert) und schließlich den passum, einen Dessertwein, der nach Columela punischer Herkunft ist und aus zuvor eingetrockneten Trauben erzeugt wird. Diese Konservierungsmethoden, die auch der späteren Beimischung zu Jungweinen zur Qualitätsverbesserung dienten, galten als geringwertiger, war aber eben auch preisgünstiger als die Technik des „diachiton“ (Strohwein), die übrigens im selben Weinberg erfolgte oder nach der oben beschriebenen Methode. Eine weitere alte Konservierungstechnik (Bassermann, 1907: 562) war die „apotheca vinera – horreum vinarium“ oder „fuminarium“. Hierzu wurden feine schwere Weine in einem Spezialkeller über einem Trockenofen konzentriert, wobei sie den Rauchton annahmen. Es soll weitere Formen der Verarbeitung des defrutum gegeben haben, wobei die Verwendung vom Meerwasser oder Salz eine wichtige Rolle spielte. Der Zusatz aromatischer Pflanzen war üblich. Die Weine wurden meist unter Beimengung von Wasser konsumiert.

Die Kenntnis des rechtzeitigen Abstichs von der Hefe war wichtig, um dem Verderben der Weine vorzubeugen. Das Filtrieren erfolgte mit Tüchern (saccus vinarius). Zum Heilen von defizitären Weinen wurde klein gehackte Holzkohle, Eiweiß, Ochsenblut, Milch, Fischleim (ictiocola) oder Gummi Arabikum verwendet. Eine andere Technik war (Plinius, Band XIV, S. 20 und 24) das „Umgären“ des geschädigten Weines mit frischem Most.

In Portugal wurden Fossilien dieser Epoche in Form von Kernen und eingetrockneten Beeren von Vitis vinifera gefunden (z. B. Silva 1988; 16). Pionier bei dieser Forschung ist eine bedeutende Persönlichkeit (Silva, ibd.): Pater Manuel do Cenáculo (Villas‑Boas) (1724–1814) von dem Orden Terceira da Penitência, Beichtvater der Krone, Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften von Lissabon, Bischof von Beja und Erzbischof von Évora. Er war Pädagoge und Reformer, Geschichtswissenschaftler und kultureller Impulsgeber, Gründer von Bibliotheken sowie Förderer der arabischen und archäologischen Studien in Portugal. Hier interessiert sein Hinweis auf die Entdeckung von „eingetrockneten Traubenbeeren“ in Roxo (Alvalade, Santiago do Cacém) (Silva, ibd.).

Die Anwesenheit römischer Weinkultur kann überall in Iberien nachgewiesen werden. Im Folgenden weitere Hinweise zur Weinerzeugungstechnologie:

– G. M. Pereira (1990: 58), „Die Erhaltung der Keltern“ (torcularium). Auch V. Loureiro (1994) beschreibt 83 in den Felsen gehauene Kelteranlagen.

– Kellereien (apotheca): Barros (1994) beschreibt 50 verschiedene römische Kellereien.

– Zahllose Fragmente von Amphoren (dolium): Santos Banha (1994) klassifiziert verschiedenste Amphorentypen am Beispiel der Funde von Sellium/Tomar – sie gestatten einwandfrei entspechende Räumlichkeiten als römische Weinbereitungsanlagen zu identifizieren.

Tatsächlich beeinflussten die Römer mit Rebsorten und technologischem Fortschschritt wie Spindelpresse, Gär‑, Transport‑, und Lageramphoren wesentlich die iberische Weinwirtschaft.

– Wein‑ oder Bacchus‑bezogene Mosaiken wurden unter anderem in Torre da Palma (Monforte, Alentejo), Conimbriga und Merida gefunden (siehe Abb. 44).

Die Verwendung von Glas zur Weinlagerung ist vor den Römern kaum oder gar nicht dokumentiert, seit den Römern jedoch bei Luxusprodukten üblich (siehe Abb. 45). Johnson (1999: 85): „Die Idee einer Weinflasche mag in Ägypten entstanden sein, nach Portugal kam sie erst mit den Römern.“ An sonsten verwendete man für die Lagerung Tonamphoren und andere Keramikbehälter verschiedener Größe, die mit Siegellack abgedichtet wurden, oder Holzfässer.

Die Estremadura mit ihrer Hauptstadt Emerita Augusta (Merida) war ein wichtiger Lieferant von landwirtschaftlichen Produkten an das Imperium. Die ausgedehnten Ebenen an Guadiana‑Fluss ermöglichten die Bewässerung bei Hitze und Trockenheit. In der Nähe, in Badajoz (Ofrenda de la Capilla), fand man 100 Amphoren aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., wahrscheinlich griechischen Ursprungs. Später war Merida als wichtige römische Zentrale Emerita Augusta Ausgangspunkt für groß angelegte Weinbauaktivitäten.

Im 2. Jahrhundert n. Chr. wurden in einem römisch‑lusitanischen Brunnen in Idanha‑a‑velha (Portugal), einer bedeutenden Siedlung dieser Zeit, wichtige Fossilien gefunden. Diese Entdeckung ist Thema einer Arbeit von Fernando de Almeida und Octávio da Veiga Ferreira, von 1967, welche die Via Romana zwischen Eméritas (Merida) und Augusta (Braga) untersucht.

Es gab im Römischen Reich verschiedene Typen von Weintransportbehältnissen. Johnson (1999: 83) sagt hierzu: „Im ausgehenden 3. Jahrhundert n. Chr. wurde die Tonamphore als Transportmittel durch das Fass ersetzt. Dies ergab sich mit der Verlagerung der Warenströme, wobei immer mehr Wein aus den Kolonien importiert wurde und wodurch die Kelten Wein nach Italien lieferten, (…) dabei war das favorisierte Transportmittel aus Holz und Metall.“

Der Wein war sehr wichtig, auch als Essig. Es fanden sich zum Beispiel Reste verbliebener Tonamphoren in großer Zahl an einem Hafen an der Flussmündung des Sados in der Herdade da Barrosinha in Alcacer do Sal; diese Tonbehälter dienten neben der Lagerung auch zum Transport und selbst zum Weinexport.

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