VÖLKER UND WEIN AUF DER IBERISCHEN HALBINSEL IN DER BRONZE – UND EISENZEIT

Es gibt nur wenige, oft ungenügend gesicherte Hinweise bezüglich der Vitis‑vinifera‑Präsenz auf der Iberischen Halbinsel in der Bronzezeit. Rothmaler (1941: 323) geht jedoch davon aus, dass einiges Rebmaterial seit dem Tertiär in Portugal überlebte und zum heutigen Nationalerbe unseres Sortenbestandes beigetragen hat. Leider bestehen Kenntnislücken über die ethnische Herkunft der damaligen Bevölkerung.

Iberer und Kelten begannen im 3. Jahrtausend, die Rebe zu kultivieren, wie Pollen und Rebkerne beweisen (Hidalgo 1999:28 verweist auf Stevenson). Im Museum von Villa Franca del Penedés befindet sich eine vorzeitliche steinerne Weinpresse, die diese Vermutung bestätigt.

Über den Weinkonsum der neolithischen Urbevölkerung (Cardial‑Impresso‑Kultur), von deren Anwesenheit 6.000 Dolmen und zahllose Hinkelsteine zeugen, gibt es keine fossilen Hinweise. Im 2. Jahrtausend wanderte das Volk der Iberer aus dem Norden Afrikas auf die Halbinsel ein. Im 1. Jahrtausend kamen die Kelten dazu, die traditionell dem Wein verbunden waren; man kennt ihre typischen Rebsorten „Alodrogica“ und „Biturica“. In Portugal entstand aus der Vereinigung dieser beiden Völker das lusitanische Volk. In eher „nebulöser“ Form weiß man, dass sich um 2000 v. Chr. ein sehr fortschrittliches Volk in Iberien ansiedelte. Die Menschen pflegten den Anbau von Wein, trieben aber hauptsächlich Handel damit. In der modernen Geschichtsschreibung wird die endbronze‑ früheisenzeitliche, aus dem ostmediterranen Raum eingewanderte Kultur Südspaniens, die sich an dem Fluss Guadiana niedergelassen hatte, als „tartessisch“ bezeichnet. Ihre Hauptstadt war Tartessos im Süden, von wo aus neben Wein mit Goldprodukten von Skandinavien bis zum Orient Handel getrieben wurde. Die Bibel (katholische Version) gibt verschiedene Hinweise (1. Buch der Könige 10,22; 22,49, 2. Buch der Chronik: 1,7; 7,1; 9,21; 20,36) auf Tarschisch; Amaral (1994) vermutet, dass es sich um das Herkunftsland der Tartessier handelt. Der Reichtum an Silber machte Tartessos zu einer Art El Dorado des Altertums. Später übernahmen die Phönizier das Handelsimperium der Tartessier. In der Nekropolis von La Joya bei Huelvas wurden bronzene Weinkrüge gefunden, weitere Funde deuten laut Blánquez und Pérez (2000) auf Wein und Weinbau der Tartessier hin. Urzeitliche Kupfervorkommen werden in dem Gebiet der Tartessier vermutet (Vorläufer der heute noch offenstehenden Tagebaubergwerke). Zinn soll sogar aus dem englischen Cornwall gekommen sein.

Die Phönizier internationalisierten im 9. Jahrhundert den Weinhandel, ausgehend vom früheren Tartessier‑Land (Andalusien), wo sie ursprünglich Silberminen unterhielten, dann im Ebro‑Delta und auf Ibiza, was auf ausgedehnten Weinbau zurückschließen lässt. Behältnisse für den Wein waren Ziegenhaut, Tonamphoren, selbst ein ägyptischer Alabasterbehälter wurde in Sexi (Almuñécar) gefunden. Hidalgo geht davon aus, dass die Phönizier neben ihren Sorten aus dem Orient (Negrul 1958: 30) auch autochthone Sorten verwendeten. Es gibt auch Hinweise auf die Präsenz griechischer Händler aus Kios, Milet und Korinth.

Um 450 v. Chr. besetzten die Karthager, Nachfolger der Phönizier, die Halbinsel. Fast alle Völker, welche die Iberische Halbinsel kolonisierten, kannten den Weinbau und die damit verbundenen geschäftlichen Möglichkeiten. Dadurch erfuhr das historische Genzentrum der Rebsorten auch durch die neuen Sorten der punischen Eindringlinge eine Bereicherung. Die neuen Rebsorten wurden entweder direkt in den Rebbestand übernommen oder es entstanden Kreuzungen mit einheimischen Sorten. Man kann hierzu nur der Forderung von Veiga Ferreira (1973) zustimmen: „Bezüglich der Rebsorten sollten wir mehr darüber wissen, wo sie herstammen (…) Diese Frage wird vielleicht eines Tages Antwort finden, wenn unsere Jugend sich dafür interessiert“. J. L. Blanco Fernandez (1933) weist auf vorphönizischen Weinbau hin. Heutzutage ist eine komplette Bestandsaufnahme der Rebsorten mittels molekularbiologischer Markertechnik erfolgt. Es fehlt nur, diese systematisch mit anderen Genzentren zu vergleichen.

Der Weinbau verdient auch aus Sicht der Archäologie Beachtung. In Portugal konnte die Ausbreitung der Rebe seit fast 5.000 Jahren vor unserer Zeit (BP), also gegen Ende der Cardial‑Impresso‑Kultur, nachgewiesen werden. Man fand bei Alpiarça (Pais, 1989: 72) im Tejo‑Tal Hinweise. Vitis‑Fossilien (Pollen) stammen von Ausgrabungen am Paúl dos Patudos, sie datieren auf 4.580 BP, haben aber eine geringe Dichte an Rebpollen. Ebenfalls im Paúl dos Patudos (Alpiarça) wurden spätere Fossilien (2.590 Jahre vor unserer Zeitrechnung) von Rebpollen in höchster Dichte (ungefähr 33 %) gefunden.

Im östlichen Mittelmeer entwickelte sich der Weinbau mit dem 2. Jahrtausend v. Chr. auf hohem Niveau. Dies war möglich, weil Rebsorten aus dem damaligen Welterbe der jahrtausendealten Vitis (E.) vinifera caucasica var. sativa (Vitis vinifera orientalis Negr.) zur Auswahl standen. Anfangs war es der Städtestaat der Phönizier (Bibel: Land Kanaan), die als seefahrende Handelsnation mit Dessertweinen der berühmten Sorten Malvasier und Muskateller von den Inseln Naxos, Kreta, Rhodos, Santorin und Zypern Handel trieben. Nachdem es den Griechen gelungen war, das Handelsreich zu übernehmen, gewannen diese Weine ein enormes Renommee als sogenannte „griechische Weine“, eine Bezeichnung, die sich bis ins späte Mittelalter halten konnte.

Carvalho (1912: 13) schreibt: „Zur Zeit des trojanischen Krieges (1184 v. Chr.) zogen die Griechen erhebliche Gewinne aus dem Weinbau, denn die Weine mit dem größten Ruf dieser Zeit waren die von Marseille (griechische Kolonie), Kós, Kreta (Candia), Lesbos, Esmirna und Chio.“ Die Fócios (Griechen) hatten Kolonien in Sizilien, Apulien, Marseille und Südspanien, wohin sie auch ihre „griechischen“ Rebsorten brachten (ibd.).

Die Fossilienfunde in Paúl dos Patudos mögen in Zusammenhang mit der Kulturrevolution der Neusteinzeit stehen, die sich durch einen Aufschwung in Ackerbau und Viehzucht auszeichnete. Diese Vorkommen müssen in Beziehung auf den Kultivierungszustand der betreffenden Zeit gesehen werden; tatsächlich entwickelte sich diese Region vom Pinien‑ und Eichenwald hin zu landwirtschaftlichem Kulturboden (Leeuwarden & Jansen, 1985). Die Verwendung als Tafeltrauben, Rosinen und zur Weinbereitung wird als sicher angenommen (Barros, 1998). Der bemerkenswerte Platz der S. Cucufate (Vidigueira), der seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. besiedelt ist, wurde 1982 von Jorge de Alarcão ausgegraben. Er fand hier Erde mit Kernen und Stielen. Es wurden 24 Kerne mit den Maßen 6,9 x 4,2 x 3,1 mm gefunden, die Silva (1989: 16) als Vitis vinifera bestimmte.

Abschließend kann man mit Amaral (1994: 325) sagen: In der Periode der Bronzezeit (1500–700 v. Chr.) wurden karbonisierte Rebkerne und Reiser gefunden, so dass man davon ausgehen kann, dass es auf der gesamten Iberischen Halbinsel schon lange vor der Ankunft der Römer Weinbau gab. Der römische Geograph Rufo Festo Avieno (400 v. Chr.) hat in seinen Schriften „Periplo Massaliota“ und „Ode Marítima“ genaue Beschreibungen verschiedener iberischer Landschaften einschließlich des dort vorhandenen Weinbaus hinterlassen. Er bezieht sich hierbei auf die Beschreibungen eines griechischen Seefahrers von 520 v. Chr.

Bis zum Ende der Bronzezeit beschränken sich die Verbindungen der westlichen Welt mit dem fortschrittlichen Orient weitgehend auf die handeltreibenden seefahrenden Stadtstaaten der Phönizier (aus Ardos, Biblos, Britos, Sidon und Tiro im Land Kanaan). Die Tätigkeit in eigenen Handelsniederlassungen oder zumindest der Einfluss der Phönizier betrifft die ganze Iberische Halbinsel. In Gádir (Cadíz), Malaka (Málaga), Sexi (Almuñécar) und Abdera (Adra) im heutigen Spanien hatten sie Handelsmissionen eingerichtet. Ein deutlicher Beleg für ihre Anwesenheit in Portugal sind die in großer Zahl gefundenen Rebkerne von Almaraz (Almada bei Lissabon) aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. Für die Präsenz der Phönizier spricht die Einführung der Rebsorte „Moscatel de Setúbal“ (= de Alexandria) auf der gleichnahmigen Halbinsel, ebenso der am Tejo gefundene Goldschmuck (siehe Abb. 14).

Später folgten ihnen die Griechen, die ihre Handelsniederlassungen in Iberien aufbauten.

Ab 800 v. Chr. entwickelte sich eine erste Hochkultur urbanen Charakters im Westen. In Italien nördlich von Rom (heutige Toskana) wurden die Etrusker gewissermaßen zum Bindeglied zwischen den damaligen „Barbaren“ Galliens und Iberiens und dem kultivierten Westen. Der etruskische Weinbau ist in Fresken, auf Geschirr und Vasen sehr eindrucksvoll dargestellt. Der Wein war zu dieser Zeit in Gallien eine seltene und gesuchte Handelsware, welche die Etrusker von „Luc Long“ aus der Nähe von „Caera“ (Italien) in einen heute verschwundenen Hafen in der Nähe von Marseille verschifften. Ein Schiff aus vorrömischer Zeit wurde in 60 Meter Tiefe an der französischen Küste bei der Halbinsel Giens geborgen. Dieses (etruskische) Boot war mit 600 Weinamphoren beladen, die in einem ausgeklügelten System in Schichten gemeinsam mit Bronzegeschirr gestapelt wurden. Dieser Fund ist insofern bedeutend, als er zum besseren Verständnis der Anfänge des westeuropäischen Weinbaus – unabhängig vom griechischen – beiträgt und den plötzlichen Aufstieg des Römischen Reiches, das sich die Errungenschaften der Etrusker einschließlich ihres Weinbaus einverleibte, zu erklären hilft. Folgende italienische Rebsorten werden als etruskische Selektionen von Wildreben (V. sylvestris) angesehen: Lambruschi, Trebbiano, Sangiovese und Montepulciano. Amaral (1994) erwähnt darüber hinaus Rebsorten, die früh in Gallien von den Kelten kultiviert wurden: Aloborica und Biturica.

In Spanien fand man an vielen Stellen, so zum Beispiel auf der Höhe von Benimaquia, einer bedeutenden frühzeitlichen Ausgrabungsstätte bei Denia (Valencia), Reste phönizischer Kultur, darunter Trinkgefäße, Amphoren und Keltern (6.–4. Jh. v. Chr.). Valencia kam durch seine geographische Lage sehr früh mit den antiken Seefahrernationen und deren Weinbau in Kontakt. Bei Cabezo Lucero (Alicante) fand man Gräber mit Scherben von griechischen Gefäßen, die auf Wein schließen lassen (5. Jh. v. Chr.). Zu dieser Zeit zählte der Handel mit Wein und Weinbehältern mit dem westlichen Mittelmeerraum zu den wichtigsten Wirtschafts‑zweigen der Griechen, was wiederum zum Weinanbau in diesen Regionen geführt hatte. In Benimàquia (Dénia) wurden Kelteranlagen aus dem 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. ausgegraben. Man fand dort Rebkerne und Amphoren sowie andere Objekte, die auf phönizischen Ursprung hinweisen. In Los Morenos y Alcantarilla campo Arcís und El Campello de Monravana (Llíria) wurden in den Fels gehauene Kelterstätten gefunden. Juan Piqueras Haba erwähnt eine große Zahl anderer Hinweise auf Weinbau aus vorchristlicher Zeit (Blánquez und Pérez, 2000).

In Castillo de Doña Branca bei Jerez wurden Rebkerne gefunden und analysiert, die aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. datieren. Ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. gibt es verschiedene Hinweise auf Weinbau, wie zum Beispiel Becher aus der Nekropolis von Villares (Albacete) wie auch von Cabezo de Lucero (Alicante), Cacho Roano (am Guaralquivir) und El‑Cigaralejo (Murcia).

Der griechische Einfluss auf den Weinbau im 6. Jahrhundert (Funde in Albacete oder Badajoz) ist jedoch kaum von großer Signifikanz, vermutlich ist der Weinbau hier erst mit den Römern zum wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden.

Für Portugal verdanken wir dem Römer Polibius (205–125 v. Chr.) erste schriftliche Nachweise von vorrömischem Weinbau. Er zeigte sich verwundert über die niedrigen Preise der portugiesischen Weine (Amaral, 1994: 327). A. M. da Fonseca (1941) wie auch spanische Autoren (Luis Hidalgo, 1999) beziehen sich auf den griechischen Reiseschriftsteller (E)Strabon (Στράβων, ca. 64–24 n. Chr.), der in seiner „Geografia“ (1878 Version von Pereira) den Weinbau schon als bedeutend beschrieb. Er befasst sich vor allem mit dem Minho‑Tal in Spanien und Portugal. Ein archäologischer Höhepunkt war die Entdeckung der Kelter bei Verín (Galizien). An anderer Stelle berichtet er, dass der Weinkonsum eher bevorzugten Personen zustand, so wie er zum Beispiel von dem Nationalhelden Viriato „bei großen Familienfesten oder ausladenden Banketten“ getrunken wurde (Veiga Ferreira 1973: 183). Verwiesen sei auch noch auf den Artikel von Blánquez und Pérez in „Actas del I Encontro de Historiadores de la Vitivinicultora Espanhola“ (2000) mit der Darstellung von frühen Fundorten (siehe Abb. 32).

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